Frühlingshafte Wohnideen

Neuheiten aus Mailand: Euroluce und Milan Design Week – Stories

Neuheiten aus Mailand: Euroluce und Milan Design Week – Stories

Das globale Messegeschäft läuft schleppend. Umso bemerkenswerter, dass es den Veranstalter*innen des Salone del Mobile gelungen ist, das Ergebnis von vor zwei Jahren – als die Lichtmesse Euroluce das letzte Mal stattfand – mit insgesamt 302.548 Besucher*innen zu konsolidieren. Sieht man sich aber die Zahlen aus dem vorherigen Jahr an, dann ist ein signifikanter Rückgang um fast 60.000 zu verzeichnen. Doch scheint es so, dass große Hersteller wie Artemide, Flos und Foscarini der Euroluce die Treue halten, ganz im Unterschied zu vielen Möbelbrands, die der Messe den Rücken gekehrt haben und stattdessen mit weniger Aufwand und kostengünstiger ihre Showrooms bespielen. Sowohl auf dem Messegelände als auch bei den im Stadtgebiet verteilten Veranstaltungen sind uns spannende neue Leuchten und Lichtlösungen aufgefallen.

Architektonische Leuchten
Wie die Lust am Technischen und am Dekorativen zusammenkommen, zeigt das Berliner Designstudio Geckeler Michels mit einem Entwurf für den italienischen Hersteller Lodes, der architektonisch und zugleich spielerisch wirkt. Map ist ein modulares Beleuchtungssystem, bei dem sich ein elektrisch leitendes Textilband mit zylindrischen Leuchtelementen zu unterschiedlichen grafischen Mustern an Wand und Decke formiert, wobei nur eine einzige Stromquelle benötigt wird. „Durch den Kontrast zwischen den beiden Elementen entsteht eine unverwechselbare Ästhetik“, sagen die Designer. „Die Lichtmodule erscheinen als feste Ankerpunkte, während die Stoffstreifen sich flexibel und elegant um sie drapieren und so ein Netz von faszinierenden Spannungen schaffen.“ Neben Map waren auf der Euroluce und in der Stadt auch andere Leuchten zu entdecken, die eine architektonische Formensprache mit Elementen verbinden, die das streng Grafische aufbrechen. So war der komplette Showroom von Flos am Corso Montforte der Leuchtenserie SuperWire von Formafantasma gewidmet. Bereits im letzten Jahr gelauncht, kommt sie in vier Ausführungen daher, wobei insbesondere die Tischleuchte mit dem Lampenschirm aus sechs Glasscheiben gestalterisch aufregend ist.

Die schönste Installation in Mailand
Es war in der Stadt vor allem eine Installation, die von sich reden machte, auch wegen des ungewöhnlichen architektonischen Rahmens, einem Schwimmbad aus den Dreißigerjahren. Im baulich unvollendeten Untergeschoss der Piscina Cozzi in der Nähe des Hauptbahnhofs präsentierte 6:AM im Vorraum und in den Umkleidekabinen die Installation Two-Fold Silence, die untermalt war von einer Sound Performance von Invernomuto. Die Gänge und sehr engen Kabinen des Schwimmbads ergaben in ihrer Strenge, Geradlinigkeit und Nicht-Farbigkeit ein effektvolles Setting für die Glasobjekte des italienischen Designbrands. Dabei trafen Kollektionen wie Sistema und Paysage auf künstlerische Glasobjekte. Vorgestellt wurde auch ein neues Produkt von 6:AM: die Leuchte Quadrato. Sie soll an die strenge Ästhetik von Bauhaus und Malewitsch erinnern, wobei das mundgeblasene Muranoglas Lebendigkeit in den Entwurf bringt.

Skulpturale Leuchten
Timon und Melchior Grau haben beide Kunst studiert, bevor sie das Unternehmen ihrer Eltern übernahmen und in Grau umbenannten. So überrascht es auch nicht, wenn die neue Leuchte Campfire sehr skulptural erscheint. Sie solle an ein Lagerfeuer erinnern, so die Designer. Die 1,60 Meter hohe Stehleuchte besteht aus einem silbern eloxiertem Gestell aus Mikado-ähnlichen Stäben, auf deren Spitzen jeweils eine Lichtkugel aus mundgeblasenem Glas sitzt. Auch andere Hersteller zeigten in Mailand Leuchten mit skulpturalen Qualitäten, die zum Eyecatcher taugen, darunter Michael Anastassiades. In der Fondazione Danese schienen seine zarten Papierleuchten Cygnet quasi durch den Raum zu schweben. Francesca Lanzavecchia indes spielt bei ihrem asymmetrischen Entwurf Allumette für Foscarini mit dem Kontrast zwischen weichen Kabeln und klaren geometrischen Formen.

Spielerische Leuchten
Dem Skulpturalen ein spielerisches Element fügen Designer wie Sebastian Herkner und Thierry Dreyfus ihren neuen Leuchten-Entwürfen hinzu. Während der deutsche Designer den gläsernen Fuß der Stehleuchte Loja von Midgard mit einem Schirm aus Papier versehen hat, den man kurzerhand ab- und wieder aufsetzen kann, legt Thierry Dreyfus eine Leuchte in Ketten. Für den französischen Hersteller DCW Éditions hat er mit Lampe C eine opulente Hängeleuchte entworfen, die an einen Kronleuchter erinnernd statt aus Kristallen aus 6.400 zu Ketten zusammengefügten Edelstahlelementen besteht. Den Vogel beziehungsweise das Auto des Spielerischen abgeschossen hat jedoch Davide Groppi – der italienische Hersteller, der eigentlich für seinen ausgeprägten Minimalismus bekannt ist. Er stellte mit Race of Lights eine Wandleuchte in Form einer elektrifizierten Rennstrecke vor, die Strom führt und kleine Auto-Leuchten mit Energie versorgt. Der Gipfel des Spielerischen: Der Kurs kann vom User selbst gestaltet werden, die Leuchtmittel sind magnetisch.

Materialfetischisten
Es gibt Materialien, die geradezu klassisch sind im Leuchtendesign. Dazu gehört mundgeblasenes Glas, das vor allem bei tschechischen Herstellern wie Lasvit, Brokis und Bomma zu finden ist. Und auch bei den Italienern ist Glas seit jeher beliebt: Artemide stellte mit Auralia von Carlo Colombo und Alambicco von Neil Poulton gleich zwei neue Leuchten aus dem fragilen, aber vielseitigen Material vor. Doch konnte man in diesem Jahr in Mailand auch Materialien entdecken, die im Leuchtendesign eher selten zu finden sind, Tyvek zum Beispiel. Erwan Bourroullec hat aus dem reißfesten Verpackungsmaterial für Flos eine sehr poetische Leuchte entwickelt. Maap lädt den User dazu ein, die Form der Wandleuchte selbst mitzugestalten. Dem Thema Material einen ganzen Messestand gewidmet hatte Studio David Pompa aus Mexiko. Das gestalterische Motto: „Materia México“ – mit Leuchtenkollektionen aus gewickelten Palmfasern, versilbertem Messing, schwarzer gebrannter Erde (die es so nur in Mexiko, Japan und Rumänien gibt, wie der Designer bei einem Rundgang erzählte) und recyceltem Glas.

Give me colours!
Dass Farben das wohl einfachste Mittel sind, einen Entwurf neu und anders erscheinen zu lassen, zeigte Occhio eindrucksvoll. Der deutsche Leuchtenhersteller hatte das Nebengebäude der Villa Necchi Campiglio unter dem Motto „Dreamagination“ in ein leuchtend farbiges Interieur verwandelt, darunter ein opulenter Red Room, der an die Siebzigerjahre erinnerte und der ersten kabellosen Leuchte des Herstellers gewidmet war, Luna pura genannt. Doch der eigentliche Anlass für die aufwendige Inszenierung war ein anderer: die Vorstellung des Konzepts Colors by Occhio, einer Palette von 18 verschiedenen Farben. Im Vorraum leuchtete die Serie Gioia in den Tönen Blu, Verde, Rosso und Viola, was eine ziemliche Überraschung war, kam Occhio doch bisher sehr architektonisch, fast maskulin daher. Doch nun scheint man verstärkt den Wohnbereich erobern zu wollen, wozu Farben ziemlich gut geeignet sind. Das gilt auch für die ebenfalls in Mailand vorgestellte neue Oberfläche Dark Chrome.

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