Frühlingshafte Wohnideen

Interiordesign des NOXX Hotels in Marburg von Studio ABERJA – Projekte

Interiordesign des NOXX Hotels in Marburg von Studio ABERJA – Projekte

Das Herzstück des Projekts bildet ein Lokschuppen auf dem ehemaligen Deutsche Bahn-Gelände aus dem 19. Jahrhundert in Marburg. 2017 übernahm der Unternehmer Gunter Schneider das lange dem Verfall preisgegebene Areal mit der Vision, dessen Geschichte als industrielles Denkmal erlebbar zu machen. „Der Geist des Ortes, also der alte Lokschuppen mit seiner rauen, industriellen Vergangenheit, war für uns der gestalterische Ausgangspunkt“, sagt Robin Heather vom Innenarchitekturstudio ABERJA. „Uns hat besonders fasziniert, wie viel technische Geschichte in dem Areal steckt – und wir wollten genau das sichtbar machen. Statt alles zu glätten, haben wir die Struktur aufgenommen: Stützen zeigen, statt sie zu verstecken.“

Aus eins mach sechs
Auf den ehemals eingeschossigen Backsteinbau setzte ein Team aus Architekt*innen (Bernward Paulick, Attacke Studios und Feldmann Architekten) sechs neue Geschosse – eine technisch anspruchsvolle Konstruktion, die das historische Gebäude mit zeitgemäßer Architektur zusammenführt. Insgesamt bietet das NOXX Hotel Marburg 82 Zimmer verschiedener Kategorien, inklusive großzügiger Lofts mit Pantryküchen für Langzeitgäste. Ergänzt wird das Angebot durch Seminarräume, eine Hotelbar sowie eine großzügige Rooftop-Terrasse mit Blick auf das Marburger Landgrafenschloss.

Roh, aber raffiniert
Statt den Charakter des alten Backsteinbaus zu kaschieren, haben die Interiordesigner*innen von ABERJA historische Strukturen und architektonische Eingriffe wie die frei stehenden Betonstützen bewusst sichtbar gelassen und wirkungsvoll in Szene gesetzt. Das Zusammenspiel von Alt und Neu, von rohen Stahlelementen und feinen Einrichtungsdetails, zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Hotel. Die 24 Rundstützen im Erdgeschoss bilden eine raumgreifende Skulptur, die an eine große Maschine erinnert und gleichzeitig als funktionales Möbelelement dient. Heather betont: „Das Projekt lebt von der Verbindung: zwischen Vergangenheit und Zukunft, Technik und Atmosphäre, Bauherr und Planer.“

Materialien mit Tiefe und Kontrast
Oberflächen wie Ziegel, Schwarzstahl, Metallgitter, satinierter Edelstahl und strukturierte Stoffe prägen die Räume des Hotels – allesamt „Materialien mit Charakter und Authentizität“, wie Heather erklärt. Besonders markant ist das runde Waschbecken aus Schwarzstahl in den Hotelzimmern, das an einen Dampfkessel erinnert. „Wir wollten Technik als Poesie sichtbar machen. Vieles entspringt der industriellen Logik, wird aber durch Materialität und Licht neu interpretiert“, erläutert Heather. „Gerade das Spiel mit der Patina des Bestands und den neuen Oberflächen macht für uns den besonderen Reiz aus.“ Vor allem im Erdgeschoss setzen spiegelnde Oberflächen wie Edelstahl oder farbiges Glas gezielte Kontraste zur Patina der alten Bausubstanz – subtil, aber wirkungsvoll. „Wie ein bisschen Salz, das in jede gute Süßspeise gehört“, beschreibt Studio ABERJA dieses Zusammenspiel von Tiefe und Reflexion.

Individuell statt Standardausführung
Die größte Herausforderung bei der Gestaltung der Innenräume lag in den stark variierenden Grundrissen. „Kein Zimmer einer Etage gleicht dem anderen“, erläutert Heather. Um dennoch eine stimmige Einheit zu schaffen, entwickelten der Interiordesigner und sein Team modulare Einbaumöbel, die flexibel auf die verschiedenen Raumformen reagieren, ohne als standardisierte Einrichtung zu wirken.

Fast alle Möbel hat Studio ABERJA eigens für das Hotel entworfen – von den Bettgestellen über die Esstische bis zu den Einbauschränken und Leuchten. Darüber hinaus haben die Interiordesigner*innen eine Grafikserie gestaltet: historische Zeichnungen von Maschinen, die neu zusammengesetzt eigenständige Objekte erzeugen. Diese hängen als dekorative Elemente an den Wänden und tragen gleichzeitig den Geist des Ortes weiter.

Nachhaltigkeit als Fundament einer zukunftsfähigen Architektur
Das NOXX Hotel Marburg erfüllt den 55-EE-Standard, verbraucht also 45 Prozent weniger Energie als gesetzlich vorgeschrieben. Für ein Hotel mit denkmalwürdiger Substanz und komplexer Nutzung ist das ein starkes Statement. Möglich wird dies durch die intelligente Verknüpfung von Wärmepumpen, Photovoltaik und moderner Gebäudetechnik. Die Zimmer werden energetisch optimal gesteuert: Sie aktivieren sich genau dann, wenn ein Gast eincheckt, und schalten in den Stand-by-Modus, sobald sie leer stehen. Wobei Robin Heather auch betont: „Es geht nicht nur um Zertifikate, sondern um den bewussten Umgang mit Ressourcen – gestalterisch wie technisch.“

Alte Schienen – neue Wege
Das Hotel ist eine Hommage an die Ingenieurskunst und industrielle Geschichte und zugleich ein Ort für Gegenwart und Zukunft. Das Besondere für Robin Heather? „Dass aus einer alten Maschinenhalle ein Ort geworden ist, an dem Menschen ankommen, sich wohlfühlen und bleiben möchten.“ Dieses Hotel ist ein Umschlagplatz für Ideen: voller Geschichte, in Bewegung und offen für alles, was kommt.

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